Nachdem wir uns neulich schon einigen bekannten Söhnen und Töchtern Braunschweigs gewidmet haben, soll es diesmal um einen weltberühmten Gast gehen, der sich einige Wochen in Braunschweig aufgehalten hat. Und von dem – es sähe ihm nicht unähnlich – womöglich sogar noch ein paar geheime Nachkommen in der Stadt zu finden sind: Giacomo Casanova.
Giacomo Casanova lebte von 1725 bis 1798 und war der Sohn eines Schauspielerpaares aus Venedig. Berühmt wurde er durch seinen Ruf als Lebemann, Frauenheld und Abenteurer, den er tatsächlich auch schon zu seinen Lebzeiten genoss. So wurde er zu einem gern gesehenen Gast an diversen hochrangigen Höfen und traf mit unzähligen Berühmtheiten seiner Zeit zusammen. Neben Päpsten und Adeligen wie Katharina die Große zählten dazu auch bis heute bekannte Namen wie Mozart und Voltaire. Dass er einigermaßen waghalsig war, schrieb er selbst dem Umstand zu, dass er schon als Kind viele Krankheiten auszustehen hatte und mehrfach fast gestorben wäre. Das habe ihm die Angst weitgehend genommen. Und das merkt man vielen seiner unglaublichen Aktionen auch an.
Sein offensichtlicher Charme brachte Casanova viele Vorteile – nicht nur bei den Frauen. So traf er zum Beispiel einst Papst Benedikt XIV., der die amüsanten Plaudereien mit Casanova sehr genoss. Zum Dank gewährte er ihm Zugang zu verbotenen Büchern – ein sehr privilegiertes Recht – und erlaubte ihm sogar eine Ausnahme von der Fastenpflicht. Sein Lebensstil brachte Casanova aber auch mehrfach fast ins Grab und ein paar Male auch ins Gefängnis. Aber selbst daraus konnte er noch etwas Gutes machen: Einige Zeit nach einer Inhaftierung in Venedig etwa gelang ihm die Flucht aus dem Verlies. Daraufhin wurde er aus seiner Heimatstadt verbannt, schrieb dann ein viel beachtetes Buch über eben jene Flucht und genoss folglich als Berühmtheit offenen Empfang an vielen Höfen in ganz Europa.
1774 gelang es ihm, eine Begnadigung zu erwirken, sodass er wieder nach Venedig zurückkehren konnte – nachdem er sich ein paar Jahre später aber mit einem hochrangigen Adeligen angelegt hatte, wurde er erneut verbannt. Immer wieder musste Casanova natürlich auch aufgrund diverser Liebschaften von seinem jeweiligen Aufenthaltsort fliehen. Und einmal wäre er beinahe gestorben, weil er sich mit einem polnischen Adeligen in einem Pistolenduell um eine Frau stritt. Langeweile scheint dem hübschen Venezianer also wohl ganz und gar fremd gewesen zu sein.
Die Zeit überdauert haben vor allem Casanovas Bücher – auch wenn längst nicht alle davon ein Erfolg waren. Ständig auf Reisen oder auf der Flucht übte der Frauenheld aber auch viele andere Tätigkeiten aus. Ursprünglich hatte er Recht studiert und darin seinen Doktor gemacht. Dann strebte er eine Priesterlaufbahn an. Diese schien ihm allerdings nicht sonderlich zu gefallen. So täuschte er bei einer Predigt zum Beispiel einmal eine Ohnmacht vor und ließ sich von der Kanzel fallen, etwas später beendete er diese Karriere. Später arbeitete er unter anderem als Sekretär, Hauslehrer, Orchestergeiger und Spitzel der venezianischen Staatsinquisition. In Frankreich gründete er die Staatslotterie mit, der Versuch, Jahre später in Venedig eine eigene Zeitung zu gründen, scheiterte aber. Zum Ende seines Lebens verdingte er sich als Bibliothekar – und hat es gehasst.
Im Mai und Juni 1764 machte Casanova auch für etwa acht Wochen in Braunschweig Station. Sein Patensohn, den er kurz zuvor in Brüssel getroffen hatte, stammte von hier und legte ihm seine Heimatstadt wärmstens ans Herz – was wir natürlich mehr als verstehen können. Ein guter Tipp, denn gefallen hat es ihm ganz offensichtlich. Das jedenfalls schließen wir aus seiner Äußerung über Braunschweig: „Dieser Ort hat viele Reize für mich.“ Da der berühmte Herzenseroberer vor allem den weiblichen Reizen immer besonders viel abgewinnen konnte und er eine unbestimmte Zahl an Kindern in ganz Europa hinterlassen hat, ist also alles andere als ausgeschlossen, dass auch in Braunschweig bis heute entfernte Nachfahren von Casanova durch die Straßen wandeln – wahrscheinlich ohne es zu wissen.