Mit gleich zwei UNESCO-Weltkulturerbestätten – dem Mariendom und der Michaeliskirche – kommen Kultur-, Geschichts- und Architekturinteressierte in Hildesheim voll auf ihre Kosten. Spannend sind aber nicht nur die beiden monumentalen Gotteshäuser und ihre prunkvollen Schätze, sondern ganz besonders die bemerkenswerten Geschichten, die sich in mehr als 1.000 Jahren in ihnen und um sie herum abgespielt haben. Diese vier besonders erstaunlichen Stories über die beiden Hildesheimer Weltkulturerbe-Kirchen möchten wir Ihnen auf keinen Fall vorenthalten.
Bevor wir aber zu den unglaublichen Geschichten kommen, wollen wir doch noch kurz ein paar Worte über die Kirchen selbst verlieren. Der Ursprung des Hildesheimer Doms reicht bis in das 9. Jahrhundert zurück. Seitdem wurde er viele Male erweitert und umgebaut sowie zweimal bis auf die Grundmauern zerstört – durch ein Feuer im 11. Jahrhundert sowie im Rahmen der Bombardements im Zweiten Weltkrieg. Etwa 200 Jahre jünger ist die ehemalige Benediktiner-Abteikirche St. Michael. Sie gilt aus architektonischer Sicht als wegweisend für zahlreiche weitere Kirchen des Mittelalters. Besonders beeindruckend ist ihre gewaltige bemalte Holzdecke im Mittelschiff, die als einzigartig nördlich der Alpen gilt. Auch die Michaeliskirche wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, die Bretter der Holzdecke wurden allerdings zuvor abgebaut und in Sicherheit gebracht, sodass sie bis heute erhalten bleiben konnten.
Dass der Hildesheimer Mariendom an dieser Stelle steht, geht der Legende nach auf ein Wunder zurück. Im Jahr 815 soll Kaiser Ludwig der Fromme hier mit seinen Jagdkumpanen eine Messe abgehalten haben. Dabei soll eine Kette mit einer Marien-Reliquie an einem Baum vergessen worden sein. Als Ludwig etwas später zurückkehrte, um die Reliquie zu holen, ließ sich diese der Überlieferung zufolge nicht mehr entfernen. Für den Kaiser ein heiliges Zeichen und Anlass, dort eine Kapelle zu Ehren der heiligen Maria errichten zu lassen. Diese wurde später zum Dom erweitert.
Nur ein Wunder pro Dom? Nicht in Hildesheim! Als der Mariendom im Zweiten Weltkrieg den Fliegerbomben zum Opfer fiel, verbrannte mit ihr auch ein Rosenstock, der bereits seit einigen hundert Jahren an einem Teil des Doms hinaufgerankelt war. Acht Wochen später jedoch sprossen 25 neue Triebe aus den Trümmern. Bis heute wächst der sogenannte Tausendjährige Rosenstock am Hildesheimer Dom und hat es mit diesem Rosenwunder sogar zu einem der Wahrzeichen Hildesheims gebracht.
Auch die Michaeliskirche hat so manche unglaubliche Geschichte zu bieten. Und wieder hat es mit Rosen zu tun – beziehungsweise mit Henning Rose, einem Mönch, der im 16. Jahrhundert im damaligen Bendiktinerkloster lebte, zu dem die Kirche gehörte. Und genau diesem Kloster wollte er unbedingt zu mehr Bedeutung verhelfen. Dabei griff er allerdings zu nicht ganz lauteren Mitteln: Dokumentenfälschung. So fügte er zum Beispiel der Vita des heiligen Benno frei erfundene Details hinzu, die zu seiner späteren Heiligsprechung beitragen sollten. Und einige weitere, um den Anschein zu erwecken, Benno hätte einst als Abt in St. Michael gewirkt. Um seine Fälschungen glaubhafter zu machen, benutzte er sogar extra altes Papier und eine passende Schrift. Mit seinen frei erfundenen Behauptungen hat Rose die Geschichtsschreibung Jahrhundertelang in die Irre geführt. Und es dabei längst nicht belassen. So weiß man heute auch von weiteren Dokumenten, die wohl auf den Fälscher der Michaeliskirche und dessen blühende Fantasie zurückgehen.
Unsere letzte erstaunliche Geschichte handelt von einem Dom, den es in Hildesheim gar nicht gibt – aber geben sollte. Zwei Jahre, bevor der Mariendom nämlich im 11. Jahrhundert niederbrannte, hatte man bereits damit begonnen, einen neuen, größeren Dom für Hildesheim zu bauen. Damit wäre der ursprüngliche wohl nie wiederaufgebaut worden. Doch erhebliche Baumängel an dem Neubau ließen dieses Bauvorhaben letztlich scheitern – sodass dann doch entschieden wurde, den ursprünglichen Hildesheimer Dom auf seinen Grundmauern erneut zu errichten.