Warum gibt es im Ausland andere Stecker und Netzspannungen?

Zwei Pole, drei Pole, flach, rund oder gemischt – die Vielfalt der unterschiedlichen Stecker von Elektrogeräten scheint rund um die Welt kaum Grenzen zu kennen. Und dann unterscheiden sich auch noch die Spannungen und Frequenzen der Stromnetze. Wir erklären, wie es dazu kommt.

Andere Länder, andere Sitten – und anderer Strom. Haben Sie auch schon einmal bei einer Reise im Hotelzimmer geflucht, weil Sie feststellen mussten, dass Ihr Ladegerät nicht in die Steckdosen vor Ort passt? Oder günstig im Ausland oder im Internet ein Elektrogerät gekauft, das Sie dann in Deutschland gar nicht benutzen konnten? Auf der ganzen Welt gibt es zahlreiche unterschiedliche Steckertypen und Netzspannungen. Warum eigentlich?

Alte Steckdosen und Lichtschalter

Die Entstehung des Steckers

Als Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Stromnetze entstanden, waren sie vor allem für die Beleuchtung gedacht. Bald leisteten sich Wohlhabende aber auch neu entwickelte elektrische Haushaltsgeräte. Und die hatten noch gar keinen Stecker – sie mussten direkt mit der Hauselektrik verkabelt werden. Das war nicht nur eingermaßen unpraktisch, sondern auch ein echtes Brand-Risiko. So entstanden Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Vorläufer heutiger Stecker. Mit diesen Adaptern konnten Haushaltsgeräte in Glühbirnenfassungen eingedreht werden und darüber ihren Strom beziehen. Nicht nur ein Plus an Sicherheit, sondern oft auch günstiger. Denn häufig wurde der Strom pauschal nach der Anzahl der Fassungen abgerechnet – egal ob ein Gerät angeschlossen war oder nicht.

Als sich dieses System über die Jahre zu richtigen Steckern weiterentwickelte, war die Welt weitaus weniger globalisiert als heute. So wurden in verschiedenen Ländern mehr oder weniger zeitgleich leicht unterschiedliche Formen und Systeme etabliert.

Chance zur Standardisierung verpasst

Zwar erkannte man bald, dass eine Vereinheitlichung Sinn machen würde und führte dazu auch Gespräche, doch der Zweite Weltkrieg ließ diese abrupt abbrechen. Als in den 1950er-Jahren erneut über eine Angleichung der unterschiedlichen Stecker und Steckdosen nachgedacht wurde, war es bereits zu spät. Mittlerweile war Elektrizität in den Industrieländern so weit verbreitet, dass eine Umrüstung kaum noch wirtschaftlich möglich gewesen wäre. Dazu kam, dass auch die Produzenten von Elektrogeräten kein großes Interesse an einer Angleichung hatten. Schließlich hätten sie es damit Konkurrenten aus dem Ausland umso leichter gemacht, in ihren Markt einzudringen.

Seitdem gab es zwar immer mal wieder Ansätze, über eine Normierung der Stecker und Steckdosen nachzudenken – und sogar ein weltweiter Standardstecker wurde entwickelt – aber durchsetzen konnte sich das alles nicht. Dennoch könnte das Stecker-Wirrwarr in den nächsten Jahrzehnten abnehmen. Denn durch neue Technologien wie Induktion lässt sich Strom immer besser kabellos übertragen. Vielleicht werden wir in Zukunft also gar keine Stecker mehr brauchen.

Unterschiedliche Netzspannungen

Unterschiedliche Netzspannungen

Es unterscheiden sich allerdings nicht nur die Stecker und Steckdosen international, sondern auch die Netzspannung und Frequenz. Auch das hat historische Gründe: Der anfangs eingesetzte Gleichstrom konnte angesichts hoher Energieverluste schlecht über größere Entfernungen übertragen werden. So setzte sich bald Wechselstrom als die effizientere Technologie durch. Angesichts der Schnelligkeit, mit denen die Stromnetze in dieser Zeit wuchsen, wurde die Netzspannung in den unterschiedlichen Ländern jeweils so festgesetzt, dass die vorhandene Technik optimal genutzt und bestmöglich erweitert werden konnte. Standardisierung war damals kein Thema – teilweise nicht mal innerhalb eines Landes. In Japan gibt es zum Beispiel bis heute noch immer zwei verschiedene Frequenzen.

Zunehmende Angleichung der Netzspannung

In Europa wird die Netzspannung seit 1987 langsam auf einen Standard von 230 Volt angeglichen – in Deutschland etwa waren vorher 220 Volt üblich. In Amerika beträgt die Netzspannung dagegen nur 110 bis 120 Volt. Dort werden nur Großgeräte wie etwa Waschmaschinen mit einer höheren Spannung versorgt. Und auch die Frequenzen unterscheiden sich mit 50 Hertz in Europa und 60 Hertz in Amerika. Da viele Elektrogeräte heute aber für den globalen Markt produziert werden, ist in ihnen oft schon ein Transformator oder Converter verbaut, sodass sie sich in unterschiedlichen Netzen betreiben lassen. Das sollten Sie jedoch überprüfen, bevor Sie ein Gerät mit auf Reisen nehmen oder es im Ausland für den heimischen Gebrauch kaufen.

Zum Glück gibt es Adapter für die Reise ins Ausland!

Und zum Glück gibt es ja Adapter, mit denen sich die Unterschiede in der Steckdosenform und der Netzspannung bequem ausgleichen lassen. Allerdings: Man muss eben daran denken. Wenn Sie sich vor Ihrer Reise aber über die Gegebenheiten vor Ort informieren, werden diese Kleinigkeiten Ihren Spaß am Erkunden eines anderen Landes ganz bestimmt nicht trüben.