Können Sie sich ein Leben ohne Strom vorstellen? Nicht nur mal für eine Stunde oder einen Tag, sondern über einen längeren Zeitraum? Etwas so Alltägliches und Essenzielles wie elektrische Energie aus unserem Leben zu streichen, ist im ganz buchstäblichen Sinne für die meisten unvorstellbar. Ob Sie gerade eine eher romantische oder doch eine beängstigende Vorstellung im Kopf haben, hängt wahrscheinlich davon ab, wie Sie unsere Frage interpretieren. Denn es macht schon einen erheblichen Unterschied, ob Sie als Aussteiger bewusst auf ein Leben mit Elektrizität verzichten oder ob der Strom von einem Tag auf den anderen für uns alle abgestellt würde. Wagen Sie mit uns dieses kleine Gedankenspiel!
In der Hütte knistert der Kamin. Darüber hängt ein Topf, der den köstlichen Duft eines warmen Gemüseeintopfes versprüht – natürlich alles aus dem eigenen Garten. Einige Öllampen und Kerzen tauchen den Raum in ein gemütliches Licht. So romantisch kann das Aussteigerleben sein. Klar: Zum Duschen geht es nach draußen, doch zumindest im Sommer schafft es die Sonne, das aufgefangene Regenwasser angenehm zu erwärmen. Die Komposttoilette bietet zwar nicht den gewohnten Komfort einer Wasserspülung, liefert aber immerhin etwas Dünger für den eigenen Gemüseanbau. Von dem, das hier wächst, wird ein erheblicher Teil eingekocht, um im Winter davon essen zu können.
Wenn sich einzelne Menschen für ein Leben ohne Elektrizität entscheiden und sich hinreichend darauf vorbereiten, kann das funktionieren. Nicht mit allem gewohnten Komfort – logisch – aber doch mit allem, das man braucht. Und im Falle einer ernsten Krankheit oder eines handfesten Problems ist da draußen ja immer noch die elektrifizierte Welt.
Es gibt aber auch noch ein anderes Szenario vom Leben ohne Strom. Nämlich dann, wenn plötzlich für alle die Versorgung zusammenbricht. Infolge einer Naturkatastrophe oder aber auch eines Cyber-Krieges ist das durchaus vorstellbar. Darum hat das Büro für Technikfolgen-Abschätzung des Deutschen Bundestages vor einigen Jahren eine Studie zu den Folgen eines langfristigen Komplettausfalls herausgegeben. Und die malt ein wesentlich ungemütlicheres Bild.
Schon nach wenigen Tagen läge den Experten zufolge das öffentliche Leben brach. Denn es ist gar nicht in erster Linie der Strom in unserem Haushalt, ohne den wir schwer leben könnten. Sondern der, der die öffentliche Versorgung sicherstellt. Fließend Wasser und Abwasser gäbe es nicht mehr, da die Pumpwerke nicht mehr mit Energie versorgt werden. Ampeln, Bahnstrecken und Co. fallen aus und aus den Zapfhähnen an den Tankstellen kommt kein Treibstoff. So können keine Waren mehr von A nach B gebracht werden. Womit sollten Sie diese auch bezahlen, schließlich spuckt der Bankautomat kein Bargeld mehr aus. Und hoffen Sie dringend, dass Sie sich zum Zeitpunkt des Stromausfalls nicht gerade in einem Fahrstuhl, einer Gondel oder Ähnlichem befinden – dort könnten Sie eine ganze Weile festsitzen.
Natürlich werden Sie und Ihre Nachbarn nach Möglichkeiten suchen, mit den Schwierigkeiten fertig zu werden. Gaskocher werden herausgeholt und Feuerstellen eingerichtet. Doch längst nicht jeder kann so gut damit umgehen, wie er glaubt. Vermehrte Brände und Gasexplosionen wären die Folge. Wie aber die Feuerwehr rufen ohne Telefon? Und selbst wenn es gelänge: Da war ja noch das Problem mit dem fehlenden Wasser und Treibstoff. Dasselbe gilt für Krankenhäuser – ohne Strom ist die moderne Gerätemedizin relativ machtlos. Die Panik greift um sich und letzte verbliebene Waren in Supermärkten und Geschäften würden wahrscheinlich bald geplündert. Der Umgang von uns mit dieser Situation, die uns so unvorbereitet trifft, würde sie also wohl noch einmal deutlich verschlimmern.
Da große Teile unserer Nahrungsmittelproduktion industrialisiert und zumindest zu einem Teil automatisiert ablaufen, käme ein großer Teil davon zum Erliegen. Das gilt selbst für die Landwirtschaft. Was schon produziert wurde, ist häufig von Kühlung abhängig und verdirbt in Windeseile. Gerade in den Städten werden Essen und Trinkwasser bald knapp. Also kein frischer, duftender Gemüseeintopf über der knisternden Feuerstelle…