Braunschweiger Bierkultur – Das bedeutet Bier für die Löwenstadt

Einst war Braunschweig ein weltweites Zentrum des Bieres. Wie es dazu kam, was das Braunschweiger Bier-Imperium zu Fall brachte und wodurch die Braunschweiger Bierkultur heute noch geprägt wird, lesen Sie in diesem Beitrag.

Würde man in Deutschland eine Umfrage starten und nach den bedeutendsten Brauereistandorten fragen, hätten wohl die Wenigsten Braunschweig ganz oben auf ihrer Liste. Dabei war die Löwenstadt einst weltberühmt für seine Braukunst, exportierte massenweise und allerorts wurde versucht, die Braunschweiger Rezepte zu kopieren. Die bewegte Geschichte der Braunschweiger Bierkultur haben wir für Sie einmal kompakt zusammengefasst.

Bier ist Grundnahrungsmittel im Mittelalter

Bier ist Grundnahrungsmittel im Mittelalter

Im Mittelalter spielte das Bier noch eine deutlich andere Rolle als heute. Statt eines Genussmittels war es ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Denn es war nahrhaft, zumindest einige Zeit haltbar und unbedenklicher zu trinken als möglicherweise verunreinigtes Wasser. So gab es zu dieser Zeit etwa 300 Brauhäuser in Braunschweig, die teils nur für den Eigenbedarf, teils auch zum Verkauf Bier herstellten. Dazu gehörte schon damals die berühmte Braunschweiger Mumme, aber auch Rotbiere, Weißbiere oder das sogenannte Broyhan, das statt mit Hopfen mit hellen Malzen gebraut wurde. Das Bier wurde von Erwachsenen wie auch Kindern getrunken. Aufgrund seiner großen Bedeutung entwickelte sich über die Zeit ein immer regerer Handel damit.

Braunschweig als innovative Exportmacht

Um 1600 war Braunschweig zu einem der bedeutendsten Bier-Exporteure weltweit aufgestiegen. Das Bier von hier wurde nicht nur in andere Gegenden Deutschlands, in die Niederlande, nach England und in die verschiedenen Ostseestaaten geliefert, sondern sogar nach Übersee und bis nach Indien. Und zwar weil die Braunschweiger mit der berühmten Mumme ein außergewöhnlich haltbares Bier brauten. Der hohe Alkohol- und Zuckergehalt und die vielen darin enthaltenen Nährstoffe machten das starke Malzbier zum idealen Proviant für Seeleute, Soldaten und Pioniere. Nur aufgrund dieser Haltbarkeit ließ es sich überhaupt so weit exportieren. Das machte es zum bedeutendsten Wirtschaftsfaktor der Stadt, der entscheidend zu deren Reichtum in dieser Zeit beitrug.

Oft kopiert und nie erreicht, bis…

Oft kopiert und nie erreicht, bis…

Aufgrund ihres großen Erfolges wollten allerlei findige Brauer andernorts die Braunschweiger Mumme kopieren. Den Wenigsten aber gelang das. Zwar tauchten nach und nach immer mehr Kopien auf dem Markt auf, doch in der Qualität konnten diese mit dem Braunschweiger Original allesamt nicht mithalten. Auch mit hohen Zöllen und Handelsverboten versuchten zahlreiche Städte und Länder, den Erfolg des Braunschweiger Bieres zu bremsen und ihre eigenen einheimischen Brauer vor der beliebten Konkurrenz aus der Löwenstadt zu schützen. Das setzte der hiesigen Brauwirtschaft zwar zu, konnte ihren Siegeszug aber dennoch nicht unterbinden.

Dass der Braunschweiger Bierexport gegen Ende des 17. Jahrhunderts allerdings tatsächlich große Rückschläge erlitt und von da an stetig schrumpfte, hat wahrscheinlich ein Braunschweiger selbst zu verantworten. Denn zu dieser Zeit begannen die Engländer, eine eigene Mumme zu brauen, die dem Braunschweiger Original durchaus ebenbürtig war. Das Rezept dafür sollen sie ausgerechnet von „einer vornehmen Person aus Braunschweig“ erhalten haben – ein Verrat also, der große Auswirkungen auf die Stadt hatte. Und einer der ersten bekannten Fälle von Wirtschaftsspionage. In dessen Folge verlor Braunschweig nach und nach seine Vormachtstellung in diesem Bereich und das Bier verlor als Wirtschaftsfaktor für die Löwenstadt zunehmend an Bedeutung.

Braunschweiger Bierkultur lebt im kleineren Stil weiter

Braunschweiger Bierkultur lebt im kleineren Stil weiter

Heute spielt das Bier für Braunschweig wirtschaftlich keine besonders große Rolle mehr. Aber es ist natürlich noch immer Teil unserer Kultur. Und zwar nicht nur in Form der heute als alkoholfreie Variante wiederbelebten Mumme. Mit dem Hofbrauhaus Wolters zum Beispiel hat es eine Traditionsbrauerei geschafft, sich seit der Hochzeit des Braunschweiger Bieres bis heute zu halten. 1627 gegründet, werden dort noch immer vor allem in der Region beliebte Biere gebraut. So wie auch in etlichen weiteren Brauhäusern. Andererseits entstehen aber auch ganz neue Farben der Braunschweiger Bierkultur wie etwa die Craft-Bier-Brauerei CRABBS in der wiederbelebten und mehr als 140 Jahre alten Braunschweiger National-Jürgens-Brauerei. Oder auch die Craft Bier Bar im Steinweg, in der man sich durch Bierspezialitäten aus aller Welt kosten kann. Das Bier gehört eben nach wie vor ein kleines Stück zur Braunschweiger Seele.

Übrigens: In der Hochzeit des Braunschweiger Bieres gab es kaum Wirtshäuser. Bier wurde also nicht gesellig in der Kneipe, sondern zu Hause genossen. Wenn Sie gerade aufgrund der aktuellen Corona-Beschränkungen also nicht ausgehen können, gönnen Sie sich doch ein gutes in der Löwenstadt gebrautes Bier daheim – damit pflegen Sie eine jahrhundertealte Braunschweiger Tradition. 😉