Tiny Houses werden von einer exotischen Option für Aussteiger und Minimalisten immer mehr zu einem echten Trend. Winzige Häuser mit möglichst wenig Quadratmetern, auf denen dank cleverer Lösungen trotzdem alles untergebracht ist, was man zum komfortablen Wohnen braucht. Und vor allem versprechen Tiny Houses, dem Traum vom nachhaltigen Wohnen ein großes Stück näher zu kommen. Material- und energiesparend sollen sie sein. Aber hält die trendige Wohnform in Sachen Nachhaltigkeit auch wirklich, was sie verspricht? Eine Pro-und-Kontra-Liste:
Es liegt auf der Hand: Je kleiner ein Haus ist, desto weniger Ressourcen werden für dessen Bau benötigt. So kann man beim Errichten eines Tiny Houses im Vergleich zu einem klassischen Haus in der Tat jede Menge Emissionen einsparen. Erst recht, da viele Tiny Houses zu großen Teilen auf nachwachsende Rohstoffe wie Holz setzen, die eine deutlich bessere CO2-Bilanz aufweisen als beispielsweise Zement. Dazu kommt die geringe Grundfläche eines Tiny Houses, für die wesentlich weniger Fläche versiegelt werden muss als für ein herkömmliches Einfamilienhaus.
Und auch im laufenden Betrieb macht sich die kleine Fläche von Tiny Houses deutlich in Energieverbrauch und Ökobilanz bemerkbar. Eine amerikanische Studie kommt zu dem Schluss, dass die Halbierung der Grundfläche eines Hauses zu einer Reduktion der CO2-Emissionen um mehr als ein Drittel führen kann. Je weniger Fläche, desto weniger muss auch beheizt werden. Und je weniger Platz für Geräte, desto weniger Energiefresser können zu Hause einziehen. Zumal viele Tiny Houses zumindest einen Teil ihrer Energie durch Solarpanele und Co. selbst erzeugen. Klingt ja erst mal ganz schön gut.
Nur weil ein Haus klein ist, ist es aber nicht automatisch nachhaltig gebaut. Im Gegenteil. Aufgrund der geringen Größe verfügen sie oft über weniger dicke Wände, eine schlechtere Dämmung und weitere bauliche Kompromisse gegenüber massiven Häusern. So kommt es, dass ein Passivhaus trotz deutlich größerer Grundfläche im Betrieb am Ende tatsächlich spürbar weniger Energie verbrauchen kann als ein Tiny House. Ein weiterer Aspekt sind die Gewohnheiten seiner Bewohner. Eine Studie fand heraus, dass diese zum Beispiel dazu neigen, häufiger essen zu gehen oder zu bestellen, weil die Mini-Küche im Tiny House das Kochen unkomfortabel macht. Bei anderen kam die Mülltrennung zu kurz, weil der Platz für mehrere Mülleimer eingespart wurde. Und so weiter… So schlug der ökologische Fußabdruck plötzlich ins Gegenteil um.
Die wahrscheinlich größte Kritik an Tiny Houses bezieht sich aber – so verwunderlich es auf den ersten Blick auch klingen mag – auf ihren Flächenverbrauch. Der Punkt: Auch wenn ein Tiny House an sich wenig Fläche beansprucht, so handelt es sich dabei eben doch um ein meist eingeschossiges Einfamilienhaus. Und damit bietet es auf seiner Fläche nur sehr wenigen Menschen Platz. Mehrfamilienhäuser mit mehreren Geschossen dagegen wachsen in die Höhe – und können so auf derselben Grundfläche unter dem Strich mehr Menschen Platz bieten. Das macht Tiny Houses dann eben doch nicht zum Heilsbringer für die Wohnraumknappheit in überfüllten Städten und sorgt auch nicht für weniger Flächenversiegelung.
Ob ein Tiny House wirklich eine nachhaltigere Wohnform ist, kommt also unter dem Strich auf viele Faktoren an. Zum Beispiel auf die Materialien, aus denen es gebaut ist, auf eine hinreichende Dämmung, eigene Stromerzeugung und ökologische Heizungsanlagen, seine Praktikabilität und die Gewohnheiten der Bewohner und so weiter. Und darauf, was es ersetzt. Ein Tiny House anstelle eines klassischen Einfamilienhauses mit durchschnittlichem Energieverbrauch spart Energie und Fläche – als Alternative zu Mehrfamilienhäusern in Passivhaus-Bauweise wirkt es dagegen plötzlich verschwenderisch.